Die Untätigkeitsklage (§ 46 FGO)
Inhaltsverzeichnis
Ziel der Untätigkeitsklage
Gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 FGO erfasst die Untätigkeitsklage die Fälle, in denen die Finanzbehörde
über einen Einspruch innerhalb angemessener Frist ohne sachlichen Grund nicht entschieden
hat. Sie ist also bei einer grundlosen Verzögerung der Entscheidung über einen Einspruch gegeben
und ersetzt diese Einspruchsentscheidung.
Auch die Untätigkeitsklage ist keine eigene Klageart. Sie stellt eine Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage ohne Vorverfahren dar. Dies folgt daraus, dass § 46 Abs. 1 S. 1 FGO eine Verzögerung des Vorverfahrens voraussetzt, ein Vorverfahren aber nur bei der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage existiert.
Beispiel Ziel Untätigkeitsklage
Der Steuerpflichtige legt gegen den ESt-Bescheid 01 Einspruch ein. Der Einspruch bleibt beim Finanzamt über sechs Monate lang liegen, ohne dass sich etwas tut und ohne, dass dafür ein Grund vorhanden wäre. Rechtslage?
Lösung Ziel Untätigkeitsklage
Hier ist wegen § 348 Nr. 2 AO kein Untätigkeitseinspruch möglich. Vielmehr kann der Steuerpflichtige
gem. § 46 Abs. 1 FGO Untätigkeitsklage erheben.
Klagefrist der Untätigkeitsklage
Welche Frist verstreichen muss, bis eine Untätigkeitsklage eingereicht werden kann, ist in § 46 Abs. 1 S. 2 FGO geregelt. Nach dieser Vorschrift ist als angemessene Frist ein Zeitraum von sechs Monaten anzusehen, gerechnet ab Einlegung des Einspruchs. Wenn der Steuerpflichtige daher einen Einspruch eingelegt hat, muss er grundsätzlich ein halbes Jahr warten.
Besonderheiten der Untätigkeitsklage
Wird die Untätigkeitsklage vor Ablauf der sechs Monate erhoben, ist sie zunächst unzulässig. Dieser
Mangel ist jedoch heilbar; die Klage „wächst nämlich in die Zulässigkeit hinein“, wenn die sechs
Monate abgelaufen sind, ohne dass die Finanzbehörde über den Einspruch befunden hat (BFH, Beschluss v. 07.03.2006 – VI B 78/04, BFHE 211, S. 433, BStBl. II 2006, S. 430).
Beispiel Besonderheiten Untätigkeitsklage
Die Steuerpflichtige hat am 10.05.02 Einspruch eingelegt. Seitdem sind vier Monate vergangen,
ohne dass das Finanzamt tätig geworden wäre. Am 10.09.02 legt die Steuerpflichtige Untätigkeitsklage ein. Rechtslage?
Lösung Besonderheiten Untätigkeitsklage
Dies ist zu früh, da die Frist von sechs Monaten noch nicht vorbei ist. Deshalb wird die Klage zunächst nicht bearbeiten werden, ob das Finanzamt in den kommenden zwei Monaten entscheidet
oder nicht. Rührt sich das Finanzamt auch weiterhin nicht und besteht für die Untätigkeit auch kein sachlicher Grund, wird die Untätigkeitsklage am 10.11.02 zulässig, d. h. sechs Monate nach Einspruchseinlegung.
Zulässigkeitsvoraussetzungen der Untätigkeitsklage
Bestehen für die Untätigkeit sachliche Gründe, führt die Untätigkeitsklage nicht zum Erfolg.
Solche sachlichen Gründe können beispielsweise sein:
- Schwierige Sachverhaltsermittlung oder Rechtslage,
- Abwarten einer Außenprüfung oder eines Prüfungsberichts,
- Abwarten einer OFD-Verfügung,
- Aussetzung nach § 363 AO.
Keine sachlichen Gründe sind dagegen:
- Aussetzung der Vollziehung,
- Arbeitsbelastung der Behörde.
Verfahrensablauf der Untätigkeitsklage
Wenn die Untätigkeitsklage zulässig und begründet ist, wird das Gericht der Behörde im Allgemeinen
gem. § 46 Abs. 1 S. 3 FGO eine Frist setzen. Entscheidet die Behörde innerhalb dieser Frist den
Einspruch zugunsten des Steuerpflichtigen, ist die Klage erledigt. Gibt die Behörde dem Einspruch
nicht oder nur teilweise statt, verwandelt sich die Untätigkeitsklage gem. § 44 Abs. 2 FGO in eine
normale Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage (BFH, Beschluss v. 28.10.1988 – III B 184/86,
BFHE 155, S. 12, BStBl. II 1989, S. 107).
Formmängel i. S. v. § 126 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AO können durch eine Einspruchsentscheidung auch
dann noch geheilt werden, wenn der Einspruchsführer zuvor eine Untätigkeitsklage erhoben hat
(BFH, Urteil v. 26.09.2001 – IV R 29/00, BFHE 196, S. 392, BStBl. II 2002, S. 120).
Beispiel Verfahrensablauf Untätigkeitsklage
Das Finanzgericht setzt dem Finanzamt eine Frist gem. § 46 Abs. 1 S. 3 FGO zur Entscheidung
über den Einspruch, den die Behörde bisher grundlos liegen ließ. In der Einspruchsentscheidung,
die das Finanzamt nun endlich trifft, wird dem Begehren des Steuerpflichtigen
nur zum Teil stattgegeben. Rechtslage?
Lösung Verfahrensablauf Untätigkeitsklage
Hier braucht der Steuerpflichtige gegen die Einspruchsentscheidung nicht erneut zu klagen,
sondern seine Untätigkeitsklage wird jetzt gem. § 44 Abs. 2 FGO als Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage gegen die Einspruchsentscheidung fortgeführt.
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