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Unbeschränkte Steuerpflicht | Gewöhnlicher Aufenthalt

Hier erfahren Sie alles Wichtige zur unbeschränkten Steuerpflicht bei einem gewöhnlichen Aufenthalt und erhalten einige Beispiele.

Inhaltsverzeichnis

Merkebox: 

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 9 S. 1 AO).

Der gewöhnliche Aufenthalt kommt als Entscheidungskriterium für die unbeschränkte Steuerpflicht erst zum Zuge, wenn es an einem Wohnsitz mangelt. „Gewöhnlich“ ist in diesem Zusammenhang gleichzusetzen mit „dauernd“. Erforderlich ist keine ununterbrochene, sondern eine nicht nur vorübergehende Anwesenheit (BFH-Urteil v. 30.08.1989, I R 215/85, BStBl. II 1989, S. 956).

Voraussetzung ist die Stetigkeit des Aufenthaltes, d. h. auch Übernachtung im Inland.

Beispiel 1: Streitigkeit des Aufenthaltes

X betreibt einen Gewerbebetrieb in Aachen. Sein Wohnsitz befindet sich in Belgien nahe der deutschen Grenze. Nach Geschäftsschluss kehrt er jeden Abend nach Hause zurück.

Lösung 1: Streitigkeit des Aufenthaltes

X ist in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Er begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, da es an der erforderlichen Stetigkeit mangelt.

Definition und Berechnung des gewöhnlichen Aufenthalts

Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an einen zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt (§ 9 S. 2 AO). Bei Ablauf der Sechsmonatsfrist tritt die unbeschränkte Steuerpflicht ab Beginn des Aufenthalts im Inland ein. Entscheidend für die Berechnung des Fristbeginns bzw. des Fristendes sind die §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 HS. 1 BGB. Nicht erforderlich ist, dass der sechsmonatige Aufenthalt in ein und dasselbe Kalenderjahr fällt. Kurzfristige Unterbrechungen (z. B. Urlaub, Familienheimfahrten, Kur etc.) sind unbeachtlich. In Einzelfällen kann auch ein tatsächlicher Aufenthalt von weniger als sechs Monaten als nicht nur vorübergehend anzusehen sein, wenn der Steuerpflichtige die ursprüngliche Absicht hatte, sich über einen längeren Zeitraum (mehr als 6 Monate) im Inland aufzuhalten (BFH-
Urteilv. 30.08.1989, I R 212/85, BStBl. II 1989, S. 956).

Beispiel 2: Definition und Berechnung des gewöhnlichen Aufenthalts

Der französische Musicalstar A hält sich anlässlich eines Gastspiels vom 03.02.01 bis 30.10.01 ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland in den verschiedensten Hotels auf.

Lösung 2: Definition und Berechnung des gewöhnlichen Aufenthalts

A ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Durch den Aufenthalt wird zwar kein Wohnsitz begründet, es handelt sich aber, da die sechsmonatige Frist überschritten ist, um einen gewöhnlichen Aufenthalt.

Beispiel 3: Definition und Berechnung des gewöhnlichen Aufenthalts

Ein Niederländer mit Wohnsitz in Holland arbeitet in der Bundesrepublik und kehrt nur zum Wochenende zu seiner Familie nach Holland zurück. Die Nächte zwischen den Arbeitstagen bleibt er im Inland.

Lösung 3: Definition und Berechnung des gewöhnlichen Aufenthalts

Der Steuerpflichtige ist kein Grenzgänger, sondern unterhält einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beispiel 4: Definition und Berechnung des gewöhnlichen Aufenthalts

Ein ausländischer Arbeitnehmer reist am 10.11.01 nach Deutschland ein. Er nimmt ein Dienstverhältnis bei einer inländischen Firma auf und bleibt bis zum 20.5.02 in Deutschland, ohne dass er einen Wohnsitz im Inland begründet.

Lösung 4: Definition und Berechnung des gewöhnlichen Aufenthalts

Der ausländische Arbeitnehmer ist ab dem 10.11.01 unbeschränkt steuerpflichtig, da er einen gewöhnlichen Aufenthalt (Voraussetzungen liegen vor) in Deutschland hat.

Merkebox: 

§ 9 S. 3 AO enthält eine Billigkeitsregelung. Danach gilt § 9 S. 2 AO (sechs Monate) nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.

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